Im Tages-Anzeiger von heute konfrontiert Simone Rau den Pressesprecher der russischen Botschaft in Bern, Denis Mikerin, mit der Aussage, dass der Prozess gegen Pussy Riot auch die enge Verbindung zwischen Politik und Orthodoxie offenbare.
Mikerin verweist in der Antwort auf die Verfassung der Russischen Föderation, wonach die Kirche vom Staat getrennt sei.
Mit Verlaub: Das mag auf dem Papier tatsächlich so geschrieben stehen. Aber alles, was in diesem Fall bisher zu hören war, deutet auf eine sehr enge Verbandelung zwischen Wladimir Putin, dem ehemaligen KGB-Mitarbeiter, und dem selbstgerechten Patriarchen Kirill.
Kirill, welcher Gott auf der Zunge, den Luxus im Herzen und die Macht im Kopf hat. Kyrill, der auf einem Foto seine 30 000 Euro teure Breguet-Luxusuhr weg retouchieren liess, aber dummerweise deren Spiegelbild auf der Tischplatte übersah.
Kyrill, den Journalisten der Zeitungen Kommersant und Moskowski Komsomolez als „Tabakmetropolit“ bezeichneten und beschuldigten, Ende der 1990er Jahre, den der Kirche zugestandenen (und vom Außenamt der Kirche unter Kyrills Leitung verwalteten) zollfreien Import von Zigaretten nach Russland zu missbrauchen (Quelle: Wikipedia).
Kirill, der die Ära Putin als „Wunder Gottes“ bezeichnete und damit den Herrgott, sollte es ihn geben, für machtpolitische Zwecke missbraucht, die Kritik von Pussy Riot an seiner Person aber als Gotteslästerung taxiert und damit ein ziemlich eigenartiges Verhältnis zu seinem obersten „Chef“ offenbart.
Kirchenvertreter wie Kirill, die Armut predigen und selber im Luxus schwelgen, die ihre Macht für politische Zwecke missbrauchen und zugleich hyperempfindlich auf Kritik reagieren, die kann man nicht genug mit Spott übergiessen.
Und der KGB-Agent Wladimir Putin, der Gesetze laufend in Richtung eines autoritären Regimes abändert und alle Hebel in Gang setzt, um Widerspruch im Keim zu ersticken, der hat jede Kritik verdient.
Dass es sich beim Verfahren gegen Pussy Riot um einen politischen Prozess handelt, hat die prominente russische Schauspielerin Lija Achedschakowa in einem Interview mit dem russischen Fernsehsender Doschd meines Erachtens überzeugend ausgedrückt:
„Hätte Pussy Riot gerufen: ‚Mutter Gottes, gib uns Putin noch für ein Jahrhundert!’ – dann hätten sie den Mädchen einen Orden gegeben.“
(Quelle: http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/europa/480293_Widerspruch-ist-ein-legitimes-und-grundlegendes-Recht.html
Dass eine Putin-freundliche Variante dieses Auftritts gerade mit einem Orden belohnt worden wäre, glaube ich nicht so ganz. Aber es ist tatsächlich kaum vorstellbar, dass in einem solchen Fall ein derartiger Schauprozess vom Stapel gelassen und ein derartiges Exempel statuiert worden wäre.
Zu hoffen bleibt, dass in der Öffentlichkeit jeden Tag Spott und kritische Fragen bezüglich Wladimir Putin und die Rolle der Russisch-orthodoxen Kirche auftauchen – mindestens solange die Haft der Pussy Riot andauert. Das haben die Herren sich selbst so eingebrockt. Wo immer auch Wladimir Putin sich im Ausland zeigt, sollten in kritische Frage wie aufdringliche Fliegen belästigen.
Und erwähnt werden soll auch, dass zahlreiche andere Kritiker der russischen Machtstrukturen von einer politisch instrumentalisierten Justiz mundtot gemacht werden, ohne dass sie die Aufmerksamkeit der Medien und damit die Unterstützung der Öffentlichkeit bekommen, wie das jetzt bei Pussy Riot geschieht.
Und nicht zuletzt soll in diesem Zusammenhang an die zahlreichen Journalistenmorde in Russland erinnert werden, von denen viele noch nicht aufgeklärt sind.
Wer als Journalistin oder Journalist in Putins Russland Korruption, undurchsichtige Machtstrukturen und Folter kritisiert, lebt gefährlich. Seit dem Amtsantritt von Wladimir Putin im März 2000 sind mindestens 26 Journalisten während oder wegen ihrer Arbeit getötet worden, darunter allein fünf (!) aus der Redaktion der kremlkritischen Zeitung Nowaja Gaseta (Igor Domnikow, Juri Schtschekotschichin, Anna Politkowskaja, Anna Politkowskaja, Natalja Estemirowa). Im letzen Jahr (Dezember 2011) wurde in der russischen Teilrepublik Dagestan der Journalist Chadschimurad Kamalow erschossen, Gründer einer unabhängigen Wochenzeitung.
Liste ermordeter Journalistinnen und Journalisten in Russland auf Wikipedia.
Bei der Aufklärung der Hintermänner solcher Auftragsmorde gegen regierungskritische Medienschaffende zeichnet sich die russische Justiz wohl nicht zufällig immer wieder durch Untätigkeit und Schlamperei aus, während sie nun einen absurden Schauprozess veranstaltet und die drei Mitglieder der kremlkritischen Punkband Pussy Riot, Nadeschda Tolokonnikowa, Marija Aljochina und Jekaterina Samuzewitsch, für zwei Jahre ins Straflager schickt.
Unübersehbar zeigt sich hier, dass die russische Justiz mit skandalös unterschiedlichen Ellen misst.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
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